camp-fire-stories

Wasser, Feuer, Erde und Luft – wie sich eine Wüste anfühlt

Lesedauer // reading time 4 Min.

10 Uhr morgens, 36°C. Das Tagesmaximum an Temperatur ist quasi schon erreicht, wird sich aber nicht mehr maßgeblich verändern bis die Sonne untergeht. Es knallt richtig runter, es gibt keinen Schatten. Du gehst ein paar Schritte, blöderweise in normalem Tempo, und merkst sofort, dass es so nicht geht. Ein Viertel der Alltagsgeschwindigkeit scheint eher angemessen. 

Du bist aufgeregt, weißt nicht, was dich erwarten wird, und vermisst auch schon ein bisschen die Klimaanlage vom Bus, der dich hierhergebracht hat. Der Guide hält seine Sicherheitsansprache, du horchst nur halb zu wegen der Vorfreude und weil du es dir vermutlich eh denken kannst. 

Endlich geht‘s los, dir wird gleich zu Beginn ein super Aussichtspunkt versprochen. Wie cool kann eine Landschaft schon sein, so ganz ohne Berge, Bäume, Pflanzen, Wasser? Allzu viel erwartest du dir ehrlicherweise nicht. Du hast schon einige Marslandschaften in unterschiedlichen Ländern gesehen, die alle immer cool waren, aber für dich sind Wald und Berge halt doch einfach beeindruckender… 

20 Meter weiter werden deine nicht-vorhandenen Erwartungen abermals übertroffen – vor dir liegt eine unendlich weite Landschaft. Berge geschnitzt aus Tonerde, Schicht für Schicht, leuchten in den verschiedensten Rot- und Orangetönen. 

Die unterschiedlichsten Kakteenarten sind verstreut über die ganze Fläche, große, kleine, welche mit vielen flauschigen Stacheln und andere mit welchen wie Stricknadeln, manche blühen und andere tragen Früchte. 

Wow. Plötzlich ist dir die Hitze ganz egal, so unangenehm ist es ja gar nicht, immerhin ist es trocken, und du bist mit Lichtschutzfaktor 50 und einem ganzen Liter Wasser frisch aus dem Kühlschrank bewaffnet. Natürlich bist du eine der wenigen, die die große Runde gehen wollen. 

Alle paar Schritte siehst du die Landschaft aus einem anderen Blickwinkel, scheinbar noch spektakulärer als zuvor. Du schießt Foto um Foto, bist bestens gelaunt, hoppst vor Freude von einem Bein aufs andere. Du staunst über alles, was der Guide dir zeigt – noch eine andere Kakteenart, fossilisierte (ist das ein Wort?) Scheisse, Zähne, Baumstämme. Die Hitzewarnung vom Handy ignorierst du gekonnt und die deines Körpers kommt gar nicht erst an. Das Wasser in der Flasche ist mittlerweile zimmerwarm, und es ist doch erst ein Drittel der Strecke geschafft. 

Plötzlich ist es nicht mehr so toll. Dir wird schwindelig, also trinkst du noch ein paar Schlucke mehr – die Flasche ist schon fast leer, und die viele Flüssigkeit schüttelt dein Frühstück bei jedem Schritt ganz schön durch. Die letzten Meter – Scheisse, da geht‘s jetzt aber krass bergauf. Du nimmst es Stufe für Stufe, ganz langsam. Nach der Hälfte ist dein Puls so hoch, dass dir ganz komisch wird – du machst mal kurz Pause. Wechselnd wird dir ganz heiß und ganz kalt, Mensch, bitte kein Hitzeschlag? Nicht jetzt schon, du hast ja noch so viel vor!

Endlich oben. Du findest eine Bank im Schatten und legst dich kurzerhand drauf. Eine nette Person aus der Gruppe eilt zur Hilfe und legt dir den Rucksack unter die Füße, um den Kreislauf wieder in Schwung zu bringen. Aber warte mal… das Gefühl kennst du ja. Steigender Puls, Hitzewallungen, Schweißausbrüche und Schwindel – nochmal gut gegangen, ist kein Hitzschlag, nur ne Panikattacke. Weiter gehts!

Erstmal Mittagessen. Puh, bei den Temperaturen nahezu unvorstellbar, aber dennoch nötig. Der beste Teil war sicher das Obst als Dessert und die Zuckerrohr-Limo. 

Nach einer Pause im Pool war die übelste Mittagshitze überstanden, und wir machten uns auf den Weg in den zweiten Teil der Tatacoa-Wüste: Die graue Wüste. Ich dachte, das wäre wenig spektakulär, steinig halt, mit ein paar Kakteen und Hügeln. Aber nein – wir liefen durch Canyons, entdeckten unterirdische Bäche und sahen noch ein paar mehr Fossile und einen Kuhkadaver. Das arme Ding ist 2 Wochen zuvor vom Felsen gestürzt und innerhalb so kurzer Zeit war außer dem Skelett nichts mehr da – gutes Futter für die Geier… 

Ich muss sagen, dass mir das als Vegetarier auch nix macht, es ist halt der Lauf des Lebens. Spannend fand ich die schockierten Blicke der Britinnen, wie traurig das ist – die haben 2 Stunden vorher Rindssuppe und Hühnerhaxeln gegessen. 

Der Sonnenuntergang hier in der Wüste war einer der spektakulärsten, die ich je erlebt hab – der Himmel war so knallorange, herrlich! Auf den Fotos kommt das natürlich nicht so raus. 

Letzter Stopp: Sterne gucken. Hier ist einer der besten Orte der Welt, um die Sterne zu beobachten, weil es fast keine Lichtverschmutzung gibt. Wir waren in einem Freiluft-Observatorium, wo ein Mitarbeiter die Sternbilder und Planeten mit einem krass starken Laser anzeigte und so einiges drüber erzählte. Alles nur auf Spanisch, aber den Großteil konnte ich verstehen! 

Wir durften dann noch durch ein Teleskop ein paar verschiedene Sterne ansehen. Venus hat tatsächlich die Form des Mondes, wenn ein anderer Planet davor ist, hast du das gewusst? 

Bester Reisetipp aller Zeiten: Wenn du einen Nachtbus um 1 Uhr morgens buchst, dann solltest du das einen Tag SPÄTER machen und nicht an dem Tag, an dem du 14 Stunden lang auf einer Tour in der Wüste warst… das war, naja, anstrengend. Aber ich hab‘s überlebt. Und so hab ich einen Tag mehr an meinem nächsten Ziel, der Salsa-Hauptstadt – kennst du die? 🙂 

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

This site uses Akismet to reduce spam. Learn how your comment data is processed.

de_DE
Nach oben scrollen
WordPress Cookie Notice by Real Cookie Banner