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Neuseeland – Kapitel 2 – Nordinsel

Lesedauer // reading time 7 Min.

WELLINGTON

… ist richtig cool! Ich war überrascht. Nach so vielen halb toten kleineren und größeren Städten in der nördlichen Hälfte der Südinsel hatte ich keine großen Erwartungen mehr. Überall sind die Wände mit richtig cooler Kunst bemalt, die Leute sind entspannt und freundlich. Wir gönnten uns einen Brunch und trennten uns dann – Lucie wollte die botanischen Gärten sehen, ich das Te Papa Tongarewa Museum. Die Messlatte hing hoch nach dem Pounamu Museum in Greymouth, und konnte leider nicht übertroffen werden. Ich hab immer noch viel gelernt, aber es war riesig und ziemlich chaotisch. Lucie meinte, die botanischen Gärten waren klasse, also wenn du nur Zeit für eines hast, könnte das die bessere Wahl sein. 

TONGARIRO NATIONAL PARK

Auf der Nordinsel anzukommen war ein Kulturschock. Alle paar Minuten wieder ein neuer Ort, viel mehr Autos und Straßen, viel weniger Natur. Immer noch wahnsinnig schön, natürlich. Die Nordinsel ist ganz anders wie der Süden, das war sofort klar. Für’s Protokoll, anders bedeutet einfach anders, nicht gleich schlecht. 

Ich werd nicht ins Detail gehen über das Tongariro Alpine Crossing, ich hab einen ganzen Artikel darüber, also schubs ich dich ganz elegant mal direkt da hin

TAUPO

Wieder eine nette kleine Stadt. Zu glauben, dass man bald sterben wird, ist offensichtlich super anstrengend, und es macht Lust auf ein Bier. Also stolperten wir mit unseren müden Beinen langsam in Richtung Seeufer, auf der Suche nach einer Bar, als die Sonne unterging und den Himmel orange färbte. 

Am nächsten Tag fuhren wir zu Craters of the Moon, also Mondkrater, und kamen wieder in direkten Kontakt mit geothermischer Aktivität. Dann besuchten wir noch die Huka Wasserfälle und beobachteten ein paar Abenteurer (oder Wahnsinnige, ich bin mir unsicher), wie sie mit Kayaks den mächtigsten Wasserfall des Landes runterfuhren. 

Hast du schon mal Golf gespielt? Ich nicht, und ich dachte, es könnte wohl nicht so schwer sein. Es gibt einen Ort am See in Taupo, wo man Golfbälle kaufen und dann versuchen kann, eine Plattform im Wasser zu treffen. Wir waren natürlich sofort dabei. Ich fragte die Dame, was passieren würde, wenn ich den Taucher treffen würde, der die Bälle einsammelte. Sie meinte, dass man für gewöhnlich Positionen tauscht. Es dauerte eine Sekunde, bis ich schnallte, dass sie einen Witz machte. 

Wie auch immer, den Taucher zu treffen, war keine Gefahr, ich traf nicht mal den Golfball. Der Helfer versuchte, professionell zu bleiben und uns Tipps zu geben, aber wir waren beide hoffnungslose Fälle. Mindestens 30 Leute schauten uns zu, manche lachten laut drauf los, andere versuchten, sich im Griff zu behalten. Das war ein schräges Erlebnis, aber ich liebte es. Ich war absolut schlecht darin, aber es machte einfach total viel Spaß. Ich hab keine Angst davor, mich blöd anzustellen, und das solltest du auch nicht – vor allem, wenn du so viel Spaß versäumen könntest 🙂

ROTORUA

Beim Geruch von Schwefel wird mir schlecht und ich krieg Kopfweh. Es dauerte nicht lang, bis ich darauf kam, denn in Rotorua und Umgebung gibt es einfach keinen Ausweg. Als Erstes fuhren wir zu Wai-O-Tapu, einem geothermischen Park mit Wegen, die dich um und über verschiedenfärbige Seen und Bäche und blubbernden Schlamm führen. Ich hoffe, du weißt das, aber falls nicht: Wenn du einen neongelben See siehst, bitte spring nicht rein. 

Als wir in die Nähe von Rotorua kamen, fing es an zu regnen. Wir waren immer noch ziemlich erschöpft, also gönnten wir uns ein Spa und lagen abwechselnd in sauren und basischen Pools. Die Stadt ist auch total nett, man muss halt drauf vorbereitet sein, dass jederzeit mal ein Wiff von Schwefel direkt in die Lungen gehen kann. Es gibt einen Ort namens Redwoods Treewalk, also ein Baumweg, wo man hoch oben in Mammutbäumen über Brücken und Plattformen spazieren kann. Als die europäischen Einwanderer nach Neuseeland kamen, wurden die meisten Wälder abgeholzt, und später wusste man kaum noch, welche Bäume hier eigentlich wachsen sollten. Also experimentierten sie herum, um herauszufinden, welche sich hier am wohlsten fühlten, in diesem Fall war es eben Rotholz, besser bekannt als Mammutbäume. Wenn du danach im Wald spazierst, wirst du irgendwann ätherische Öle riechen – Eukalyptus. Ich liebe diesen Geruch, und holte tiiiiief Luft, bevor wir wieder zurück in das stinkende Rotorua fuhren. 

Der Hamurana-Quellen-Naturpark ist ebenfalls sehr sehenswert. Es scheint nicht besonders bekannt zu sein, wir waren so ziemlich die einzigen Besucher. Hier kannst du am Boden zwischen den Mammutbäumen spazieren, entlang eines kleinen Flusses bis zur Quelle. Das war definitiv das klarste Wasser, dass ich jemals gesehen hab. Ich hab ein Foto von einem Farn gemacht, der halb im Wasser war, und wenn man es nicht weiß, dann sieht man das Wasser auf dem Foto nicht. 

HAMILTON

Wir blieben nur in Hamilton, weil wir dachten, es wäre ein guter Ausgangspunkt für die Waitomo-Höhlen und Hobbiton. Ich hatte keine Ahnung, dass es zu meiner Lieblingsstadt auf der Nordinsel werden würde! Ich hatte null Erwartungen, aber Hamilton hat geliefert. Wir fuhren und spazierten quer durch die Stadt, besuchten die botanischen Gärten – was eigentlich wirklich nicht mein Ding ist, aber hier konnte man durch kleine Abschnitte laufen, die allen möglichen Ländern zugeordnet waren. 

Die Waitomo-Höhlen scheinen eines der Dinge zu sein, die man hier machen muss. Man geht zuerst zu Fuß in die Höhle rein, schaut sich die Stalagtiten und Stalagmiten an (ich hab das nur erwähnt, um zu zeigen, dass ich mir die Namen merken kann), manchmal sieht man schon ein paar kleine blaue Lichtpunkte an der Decke – Glühwürmchen. Dann wird man in ein wackliges Boot gesetzt und vorsichtig raus in die Dunkelheit gezogen. Man darf nicht mehr sprechen und nicht fotografieren. Die Höhlendecke ist voller kleiner bunter Lichter, wie ein Sternenhimmel, voller Glühwürmchen. 

Entspannt und fasziniert fanden wir in der Nähe eine Kiwi-Auffangstation. Mit Chancen gleich oder kleiner Null, einem Kiwi zu begegnen, hielten wir unsere Tickets bald in der Hand. Kiwis legen im Verhältnis zum eigenen Körpergewicht die größten Eier. In der Auffangstation gab es einen Raum, in dem Tag und Nacht umgekehrt simuliert wurden, wir sahen zwei Kiwis! Diese kleinen Vögel sind so flauschig, als hätten sie Fell statt Federn. Wir beobachteten sie eine gute Weile, dann sahen wir Aalen bei der Fütterung zu – wer rechnet schon damit in einer Vogel-Auffangstation -, wurden fast von einem kleinen giftgrünen Vogel attackiert und kauften die niedlichsten Postkarten. 

Hobbiton war noch so ein überlaufener Platz, aber kann man dazu schon nein sagen? Natürlich nicht. Bald saßen wir im Bus, der klassische Shire-Soundtrack spielte im Hintergrund, aufgeregt, was uns wohl erwarten würde. Man wird schon ein bisschen von einem Ort zum nächsten geschubst, die Busse kommen nämlich alle 15 Minuten, aber es war dennoch eine coole Erfahrung. Neuerdings kann man sogar in ein Hobbithaus reingehen!

COROMANDEL FOREST PARK

Erster Halt: Cathedral Cove. Der Strand aus den Chroniken von Narnia. Details findest du mal wieder hier

Übrigens: Der Hot Water Beach, wo man Löcher am Strand graben und in warmem Wasser baden kann, ist bei Flut zwar schön, aber die heißen Quellen werden nur bei Ebbe freigelegt…

Es war kurz vor meinem Rückflug. Ich vermisste meinen Hund schon richtig, aber ich liebte auch das Leben hier. Wie ein Kind am Strand herumzurennen machte mir klar, wie glücklich und befreit ich hier war (und das heißt so einiges, ich bin nämlich chronischer Zerdenker). Ich lag am Tisch draußen vor dem Hostel und prägte mir den Nachthimmel ein letztes Mal ein. Ich schnappte mein Handy, öffnete die Sky Tonight App, und hielt es einfach zufällig nach oben. Das Canis Major Sternbild, der große Hund, war direkt über mir. Ich konnte die Träne nicht zurückhalten. Als ich später im Bett lag, konnte ich nicht einschlafen. Ich war einfach so glücklich, mein Herz war so voll. 

An dieser Stelle würde ich auch gern erwähnen, dass ich an einem Tag in x verschiedenen Ländern im botanischen Garten in Hamilton war, danach noch im Auenland und am Ende in Narnia. Was sagst du dazu, hm? 

Der nächste Tag war der letzte, den Lucie und ich gemeinsam verbringen würden. Ich würde zurück nach Auckland gehen und morgen zurückfliegen, Lucie würde noch eine Woche bleiben und sich die Region nördlich von Auckland anschauen. Sie liebt Gärten, und fragte mich, ob ich Lust auf noch einen hätte. Na klar doch! Ich dachte, das Navi würde mich falsch leiten, als wir wieder mal auf einer Schotterpiste landeten. Der arme Patrick musste die nächsten 20 km darauf fahren. Als wir endlich ankamen, tränten meine Augen aus Anstrengung. Die Gärten waren wundervoll, Privateigentum, mit einem netten Café direkt nebenan. Die Fahrt hierher war sofort vergessen. 

AUCKLAND

Auf dem Weg nach Auckland steckten wir im Verkehr. Mir fiel das Herz in die Hose. Nach 3 Wochen so weit weg wie möglich von größeren Städten, hatte ich nun keine Wahl mehr. Ich musste direkt ins Zentrum der Hauptstadt. Ich wollte nicht. Ich wollte nicht nach Auckland, und noch weniger wollte ich heim fliegen. Ich war kurz vorm Weinen. 

Ich spazierte entlang des Hafens, durch die lebendigen Straßen, aß das teuerste Eis aller Zeiten, weil die grad überall auf Instagram rumkursiert (die geben einem so einen Piepser, wie in Fastfood-Restaurants), und war schon bald fertig mit der Stadt. Ich hatte kein Auto mehr und aus irgendwelchen Gründen wollte ich in kein öffentliches Verkehrsmittel, meine Möglichkeiten waren also limitiert. Ich entschied mich für Maungawhau, Mount Eden. Einen erloschenen Vulkan mitten in der Stadt. Ich lief einfach immer weiter nach oben, durch die unterschiedlichsten Stadtviertel, bis ich einen grünen Hügel vor mir sah. Die Aussicht war beeindruckend. Die Wolkenkratzer schienen so weit weg zu sein, es war ruhig und schön hier oben. Ich bin froh, dort gewesen zu sein. 

Versteh mich nicht falsch, Auckland ist keine schlechte Stadt, ganz im Gegenteil. Es war nur… ich. Manchmal mag ich die Anonymität einer Stadt. Keiner interessiert sich für dich, du kannst dun und sein und tragen was auch immer du willst. Andere Male stört mich genau das. Und nach 3 Wochen in Kleinstädten und Nirgendwos war das einfach ein Kulturschock, wieder zurück im Betondschungel zu sein. 

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