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Die besten Wanderungen in Neuseeland

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Wanderschuhe

Lass mich erklären: Ich hab wahnsinnig viel über dieses Land zu erzählen, deshalb hab ich das alles in mehrere Artikel aufgeteilt, um dich nicht (verständlicherweise) irgendwo in etwas, das schon fast ein Buch sein könnte, zu verlieren. 

Dieser Artikel sollte selbsterklärend sein. Es gibt einen anderen über die Tongariro Alpenüberquerung, weil es einfach das größte Abenteuer meines Lebens war. Und dann gibt es noch einen Zweiteiler über den Rest: den Roadtrip, die Museen, Städte und Ortschaften, kleinen und großen Abenteuer, die keine Wanderungen waren. 

Und: Bitte denk dran, dass es in diesem Land vermutlich keine schlechte Wanderung gibt. Die Landschaft ändert sich ständig, ist überall atemberaubend schön, wohin man auch blickt. Das hier sind einfach die Wanderungen die ich unternommen hab, und ich würd alle absolut weiterempfehlen, aber sei bitte nicht traurig, wenn du eine oder mehrere nicht machen kannst, es gibt in Neuseeland so unglaublich viel zu sehen. 

HOOKER VALLEY TRACK / MOUNT COOK NATIONALPARK

Das war die erste Wanderung, wenn man es so nennen kann, die wir in Neuseeland machten. Ungefähr eine Stunde pro Strecke, raus und wieder zurück, ziemlich flach und einfach, auf breiten Wegen aus Schotter oder Holz. Aber es war eine der besten Wanderungen aller Zeiten. 

Ich litt immer noch an Jetlag und war total erschöpft, aber der Blick auf die Berge gab mir Energie. Riesige Berge rund um mich herum, die meisten mit Gletschern. Der flache und einfache Pfad war perfekt für meine zerstörte Verfassung. 

Bald kamen wir zur ersten Brücke.

Hängebrücken finde ich fürchterlich, aber es gab keinen Weg drumherum, und ich würde bestimmt nicht umdrehen, nur weil ich mal wieder total unnötige Ängste hatte. Ich schaffte es über die Brücke und noch ein paar mehr – manche einfach und ruhig, andere bewegten sich richtig krass und ich humpelte drüber wie ein Zombie. 

Wir waren recht früh dran, deshalb war noch nicht viel los. Die Leute, die wir trafen, waren ähnlich eingestellt wie wir: nicht oder nur leise reden, dafür viel schauen und den Anblick genießen. 

Wir gingen um eine Kurve, und da war er: Mt. Cook, oder wie ihn die Maori nennen, Aoraki. Der höchste Berg Neuseelands. Er war majestätisch, und wir hatten klare Sicht. So gern ich auch geblieben und noch länger gestaunt hätte, wir mussten weitergehen, direkt in die Richtung des Aoraki. 

Ich bin sicher, dass ich die ganze Zeit ein idiotisches Grinsen im Gesicht hatte. Das hier war eines der Dinge, auf die ich mich am meisten freute. Ich habe alle Bilder gesehen, aber nichts konnte mich auf die Realität vorbereiten, die mich am Ende des Weges erwartete. Aoraki war direkt vor uns, nur etwas näher als zuvor. 

Am Fuße des Berges lag ein Gletscher, der aussah, als würde er auf dem Wasser des Gletschersees treiben. So auch eine Menge Eisberge. Groß und klein, schwarz und dreckig oder sauber und tiefblau, weit draußen oder nah am Ufer. Ich habe noch nie etwas vergleichbar schönes gesehen. 

Sollte es noch nicht passiert sein, war nun der Punkt, an dem ich alle meine Sorgen, Ängste und To-Do’s zurückließ, und im Moment lebte. Ich genoss jede Sekunde. Wäre es möglich, diesen Moment zu nehmen, in eine Schneekugel zu packen und immer und überall mitzunehmen, hätte ich es getan. Stattdessen fühlte es sich an, als würde ich ein Stück meines Herzens rausnehmen, es vorsichtig ans Seeufer legen, und im Gegenzug diesen Moment und diese Aussicht und diese Gefühle direkt in meinem Herzen festhalten. 

BEN LOMOND SATTEL / GIPFEL / QUEENSTOWN

Wir wollten ein letztes Mal locker starten und ließen uns von der Seilbahn etwa den halben Weg auf den Berg tragen. Von der Bergstation der Seilbahn düsten Mountainbiker den krass steilen Weg runter. Wir beobachteten sie für eine Weile, bevor wir dann weg von der Seilbahn und den Menschen gingen. Sofort wurden wir mit einem unglaublichen Ausblick belohnt, wir sahen das Tal und die Berge rundherum. Es war perfektes Wetter für eine Wanderung, wir waren voller Energie. Wir wussten nicht, wie weit wir gehen würden, hatten keinerlei Erwartungen, also gingen wir los in die erstbeste Richtung. Es war ein herrlicher Ausflug, fast menschenleer, manche Abschnitte flach und andere ziemlich steil. 

Anfängerfehler, wir hatten zu wenig Wasser, also drehten wir am Sattel um und ließen den Gipfel aus. Aus Erzählungen von anderen weiß ich, dass das letzte Stück zum Gipfel schwierig ist, aber die 360° Aussicht zahlt sich aus. 

Auch das Stück, das wir liefen, zahlte sich aus. Wenn du nicht gern wanderst, könntest du vielleicht die Seilbahn nehmen und dann in Richtung Ben Lomond Sattel gehen, nur für 10-15 Minuten, um beinahe so tolle Ausblicke zu haben. 

ROY’S PEAK / WANAKA

Keine Ahnung, wie ich es geschafft hab, Lucie zu überreden, aber ich tat es! Und wir sind beide glücklich darüber, zumindest hoff ich das. Wir würden Roy’s Peak zum Sonnenaufgang besteigen. 

Wir wussten, wir hatten viel vor, aber wir wollten es versuchen und zum Sonnenaufgang am Gipfel sein. Wecker um 2.30 Uhr, ein paar Minuten Autofahrt und schon ging’s los, direkt steil rauf. Ein paar Minuten später gab meine Stirnlampe den Geist auf. 

Es war stockdunkel. Ich sah nach oben und konnte nicht aufhören, zu starren. Die Sterne schienen unzählig und endlos, es war einfach großartig. Lucie stieß zu mir und unterbrach meine Gedanken. Nun hatte ich jemanden, der mir den Weg beleuchten würde! Wir liefen weiter, rauf und rauf und rauf und rauf. 

Der Weg selber war einfach und breit, aber ziemlich steil, also das machte es schwieriger. Insgesamt mussten wir etwa 1300 Höhenmeter erklimmen. Manche Leute finden es langweilig, ständig nur im Dunkeln bergauf zu gehen. Ich finde es meditativ. Es gibt nichts zu tun, außer einen Fuß vor den anderen zu setzen, langsam aber stetig, und immer wieder ein Stück Schoki zu essen. 

Nach einer Weile erschien die Sonne am Horizont. Ich sah nun ziemlich gut ohne Lampe und entschied mich, meinen Rhythmus beizubehalten und voraus zu gehen, und Lucie etwas langsamer zurückzulassen. 

Bald kam ich zu einer Kreuzung, wo der Weg scheinbar hinter den Berg und wieder runter führte. Ich sah Lichter auf halber Strecke eines Grates, also dachte ich, das muss wohl der richtige Weg sein und darum ist die Wanderung wohl auch als schwierig gekennzeichnet. Zuerst versuchte ich, mich mit meiner Handy-Taschenlampe zu orientieren, aber bald brauchte ich beide Hände, um mich festzuhalten. Nach der Hälfte war ich an einem Punkt, an dem ich nicht vor und nicht zurück wusste. Ich stand da, verzweifelt, überlegte, was ich nur machen soll, als mich ein junges Pärchen überholte und direkt dahinter war Lucie. Gemeinsam schafften wir es bis zum Gipfel. 

Wir waren so fokussiert, nicht unseren Grip zu verlieren, dass wir nicht sahen, wie wunderschön alles war: die Sonne ging gerade auf, der Himmel leuchtete in den intensivsten Gelb-, Orange- und Rottönen und gingen schließlich über in den schwarzen Nachthimmel, der immer noch voller Sterne war. Rund um uns herum waren Berge und Seen und Flüsse, beleuchtet von der Morgensonne. Es waren um die 50 Leute am Gipfel, aber es war leise, jeder war verzaubert von dem, was wir sahen. Es war einfach unglaublich. 

Als wir uns entschieden, runter zu gehen, sahen wir, dass wir den Grat gar nicht hätten raufklettern müssen. Der Weg geht nur kurz runter und gleich wieder rauf und bringt einen bequem und sicher zum Gipfel. Mach bitte nicht den gleichen Fehler. 

Der Rückweg wahr zehrend und lang, ich erzähl dir besser nicht davon. Weißt du, die Wanderung allein ist überhaupt nicht besonders, vermutlich nicht mal richtig empfehlenswert. Aber die Erfahrung, mitten in der Nacht raufzugehen, um den Sonnenaufgang zu sehen, war einfach magisch. 

ABEL TASMAN NATIONALPARK

Es gibt eine Mehrtageswanderung hier, die sich Abel Tasman Coastal Track nennt, aber wir hatten leider nicht genug Zeit dafür. Doch wir wollten so viel wie möglich davon gehen.

Wir starteten die Fahrt nach Marahau sehr früh, buchten unsere Plätze in einem Taxiboot, und los ging’s in Richtung Bark Bay. Ich wusste nicht, was ein Taxiboot war, aber so stellte ich es mir nicht vor. Das war die holprigste, abenteuerlichste Bootsfahrt aller Zeiten, der Kapitän sprach in klassischem Kiwi-Humor/Sarkasmus, zeigte uns Robben und den Split Apple Rock – aber nur, wenn er anhielt und mal kurz nicht geradewegs gegen die Wellen raste, sodass wir alle auf den Bänken hüpften und jauchzten. 

Um vom Boot runterzukommen, mussten wir unsere Stiefel ausziehen, doch zum Glück gab es gleich eine Station, um sich den Sand von den Füßen zu waschen. Es gibt nichts schlimmeres, als am Anfang einer 25 km Wanderung schon Sand in den Schuhen zu haben. 

Wir marschierten in den dichten Wald, Hügel rauf und wieder runter, hörten nichts außer unsere eigenen Schritte und all die verschiedenen Vögel und Insekten. Immer wieder öffnete sich das Dickicht und zeigte uns einen Strand mit kristallklarem, türkisem Wasser, bevor wir wieder zurück im Wald waren und das Ganze von vorne begann. 

Wir hatten perfektes Timing und konnten einen der Strände bei Ebbe überqueren, was uns eine gute Stunde Gehzeit sparte. Da waren kleine Bäche aus Meerwasser, gerade niedrig genug, dass unsere Schuhe trocken blieben, und vermutlich mehr Muscheln als Sand. 

Es mag so rüberkommen, als wäre ich recht un-emotional dieser Wanderung gegenüber, aber ich versprich dir, das ist nicht so. Es war unglaublich, und ich liebte jeden Moment. Es wiederholte sich, indem wir immer wieder Hügel rauf und runter liefen und mal Wald, mal Strand sahen, aber das ist die beste Form von Repetition, die es gibt. 

Bonus: Es gibt hier so viele wunderschöne Strände, also wenn du etwas früher startest als wir, kannst du vermutlich sogar auf halbem Weg mal baden! Oder du machst es wie wir und gönnst dir eine Abkühlung am Ende in Marahau. 

TONGARIRO ALPENÜBERQUERUNG / TONGARIRO NATIONALPARK

Das ist die Wanderung, über die ich so viel zu sagen hab – lies gern hier nach. 

CATHEDRAL COVE / COROMANDEL WALDPARK

Naja, ich weiß, das ist keine wirkliche Wanderung sondern eher 30 Minuten runter zu einem Strand gehen und dann eben wieder rauf. Es fühlte sich aber an wie eine Wanderung, denn als wir dort waren, war der Weg gesperrt. 

Die Österreicherin in mir (wir lieben ja unsere Regeln) dachte „Nö, umdrehen“, aber der Abenteurer in mir dachte, dass es vielleicht ja doch eine Möglichkeit gäbe, den Strand aus Narnia am anderen Ende der Welt zu sehen. 

Wir sahen ein älteres Pärchen, das um den Zaun in unsere Richtung kam, und fragten, wie es war, ob man bis zum Strand kommt. Die Dame meinte es ist machbar, aber man müsste vorsichtig sein. 

Das war’s – ohne nochmal nachzudenken war ich auf der anderen Seite des Zauns. Es fühlte sich an, als würde ich etwas völlig Verbotenes tun, aber irgendwie machte das Laune.

Wir dachten, es müsste wohl eine kleine Katastrophe passiert sein, dass sie diesen Weg sperren. In Wirklichkeit war da nur perfekter Asphalt. 

Wir mussten noch über und um ein paar weitere Zäune klettern, aber alles in allem war alles normal. Auf halbem Weg mussten wir über einen umgefallenen Baum steigen und dachten schon, dass das wohl nicht der Grund für die Sperre sein kann, als wir eine Menge umgefallener Bäume sahen. Wir kletterten unter und über und um die Bäume und sahen dann, warum der Weg gesperrt war: Ein Erdrutsch ruinierte die Brücke, die nun 3 m unter uns lag und ziemlich zerstört aussah. 

Offensichtlich waren wir nicht die ersten, die die Sperre ignorierten, man sah schon einen neuen Weg. So wussten wir genau, wo wir unsere Füße abstellen mussten, während wir über ein großes tiefes Loch im Boden kletterten, und kamen beide sicher auf der anderen Seite an. 

Wir konnten den Strand schon sehen, aber direkt davor war ein weiterer Holzzaun. Und direkt hinter dem Zaun ging es 2-3 m vertikal runter. 

Ich weiß ja nicht, wie es dir mit sowas geht, aber ich geb so kurz vorm Ziel sicher nicht auf. Wir standen eine gute Zeit lang da und versuchten, den besten Weg nach unten zu finden. Herum und dann runter? Nö, der Zaun war zu instabil, der würde unser Gewicht nicht tragen. Drunter? Nö, viel zu eng. Drüber? Zurück zu Punkt eins. 

Dann setzte Lucie sich plötzlich hin, kroch durch das minikleine Loch im Zaun und ließ sich auf den Strand fallen. Sie grinste mich an, ich war meine Tasche und Birkenstock auf den Strand und folgte ihr. 

Wir waren fast allein, und ehrlicherweise ist das eine meiner liebsten Erinnerungen und einer meiner Lieblingsorte in Neuseeland. 

Manchmal ist es gut, ein kalkuliertes Risiko einzugehen. 

Ich schätze, ich muss das hier anmerken: Ich empfehle dir NICHT, illegale Aktivitäten zu unternehmen. Wenn du einen Zaun siehst, solltest du dich vermutlich fernhalten und nicht das tun, was wir getan haben. Jegliches Risiko, das du eingehst, ist deine eigene Verantwortung und ich übernehme keine Haftung für was auch immer passieren könnte. 

MOUNT EDEN / AUCKLAND

Es gibt viele gute Wanderungen in der Nähe der Hauptstadt – da sind die Inseln, die man mit der Fähre erreichen kann, ein paar Vulkane, Wanderungen im Stadtgebiet, Strände, Berge und Hügel im Umland. Ich hatte noch einen halben Tag hier und musste raus aus dem Betondschungel, also suchte ich auf Google Maps nach Ideen und entschied mich schlussendlich für Marawhau, Mount Eden. 

Ich startete am Hafen, spazierte durch die unterschiedlichsten Viertel, vorbei an meiner Unterkunft, über eine Autobahnbrücke, durch Parks und reiche Gegenden und ein Krankenhaus. Je länger ich ging, desto ruhiger wurde es, und ich konnte endlich sehen, wohin ich unterwegs war: Ein großer, grüner Hügel direkt vor mir. 

Ich folgte einer Straße bis zum „Gipfel“, teilte die Aussicht mit einer Horde Touristen und Einheimischer. Es war ziemlich cool. Nach einigen aktiven Vulkanen war es ein krasser Unterschied, plötzlich auf diesem erloschenen, grün überwachsenem Vulkan zu stehen, auf dem sogar Häuser gebaut waren, mitten in Auckland. 

Von da oben konnte man rundherum sehen. Ich sah die Küste, den Hafen, von dem aus ich losging, und die Wolkenkratzer des Zentrums. 

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