Feb, 2024
Freitage sind scheinbar die heiligsten Tage in Doha. Alle, und ich meine ALLES, ist bis 2 Uhr nachmittags geschlossen. Taxis und U-Bahnen fahren nicht, der Souk und alle Museen und Restaurants und was es auch sonst noch so gibt hat zu. Ich war genau an einem Freitag hier. Wen wundert’s überhaupt noch, nach all dem Chaos, das dem vorangegangen war.
Ich wollte ursprünglich eine Tour in die Wüste machen, entschied mich schließlich aber doch dagegen, weil die Touren super teuer sind und sich alle nach mehr fahren als sonst was anhörten. Und Dune Bashing, was auch fahren ist, nur halt im Sand. Ich wollte lieber das meiste aus den paar verbleibenden Stunden machen und die Stadt ansehen, also verließ ich das Hotel.
Und drehte sofort wieder um. Ich brauchte mehr Koffein also bestellte ich mir eine große Tasse Kaffee und setzte mich vor das Hotel in die Sonne. Es war wieder Zeit zum Gebet. Ich beobachtete, wie die Leute von allen Ecken rannten, alles liegen und stehen ließen, und sich in einer Reihe am Straßenrand aufstellten, Schulter an Schulter. Ich meine es absolut nicht respektlos wenn ich sage, dass es super interessant und auch etwas lustig zu beobachten war. Das war einfach so anders als alles, was ich aus Zentraleuropa kannte. Am besten gefiel mir einer der Männer, der seine Sonnenbrille immer abnahm, als er sich verbeugte, und wieder aufsetzte, sobald er stand.
Als ich die verlassenen Straßen entlang lief – die halbe Stadt war immer noch im Gebetsmodus – sah ich ein Auto, das fast stehen blieb, dann fast in eine Straßenlaterne krachte, und dann tatsächlich stehen blieb. Der Fahrer ließ die Scheibe runter, begutachtete mich von oben bis unten und sagte irgendwas in einer Sprache, die ich nicht entziffern konnte. Ich winkte ihn ab und ging weiter, woraufhin er sich entschied, weiterzufahren. Diesmal wohl weitaus fokussierter.
Es war herrlich – perfekte Temperatur, keine Wolken in Sicht. Ich war glücklich als ich in Richtung Nationalmuseum von Katar marschierte, was mein erster Stop sein würde. Ich war noch zu früh, also gönnte ich mir noch einen Kaffee im Museum – aber nicht, bevor ich mir die einzigartige Architektur genau anguckte. Das Museum sollte eine Wüstenrose nachbilden und gleichzeitig die Luft auf eine Art und Weise zirkulieren lassen, dass es wie eine Klimaanlage für draußen wirkte. Ich war selten so erstaunt.
Ich gehe selten in Museen, aber dieses hier war es so wert. Keine Schlangen an der Kassa, man konnte sich frei bewegen und gleichzeitig so viel Info sammeln. Über alles, was mit Katar zu tun hatte: Flora und Fauna, Geschichte, Geologie, Kultur, Kleidung, Lebensstil, Politik der Vergangenheit und der Gegenwart… Ich war wohl gute 2.5 Stunden da drin, bevor mein Schädel zu rauchen begann.
Nächster Halt: Souk. Ich liebe Souks, also war ich flott unterwegs in der Hoffnung, so bald wie möglich dort zu sein. Einige der Straßen waren recht touristisch, wobei die meisten wohl auch von asiatischer oder arabischer Abstammung waren. In den kleineren Seitengassen war ich meist die einzige Europäerin und auch die einzige Frau umgeben von Katari Männern in traditioneller Kleidung. Ich fühlte mich gut, hatte ein Grinsen im Gesicht als ich von Geschäft zu Geschäft schlenderte. Bis ich plötzlich vor einem 6 m großen goldenen Daumen stand. Ja, du hast richtig gelesen.
Die Straße zu überqueren, um entlang der Promenade spazieren zu können, stellte sich als ziemliche Mission heraus. Es gab zwar Ampeln, aber die Menschenmenge um mich herum wurde schnell größer und die Ampeln waren immer noch auf rot. Ich überlegte, ob ich einfach gehen sollte, immerhin waren kaum Autos unterwegs, aber keiner der Einheimischen tat das, also wartete ich eben noch länger. 10 Minuten später (ja, ich hab auf die Uhr geschaut) wurde es endlich grün. Ich liebte die Promenade – Wasser beruhigt mich immer. Die Aussicht auf die Skyline am anderen Ufer war etwas, das ich noch nie zuvor so gesehen hatte, und die traditionellen Holzboote davor machten es nur noch beeindruckender.
Als ich entlang der Promenade spazierte, merkte ich, wie müde ich war. Die Sonne ging schon fast unter, also drehte ich um und ging in Richtung Hotel. Oder halt zumindest zur nächsten Ampel. Ich wartete und wartete. Ich war die einzige Frau, die einzige Ausländerin, in einer Grußße von weit über 30 Männern, und es wurde schnell dunkel. Ich weiß bis heute nicht, warum, aber ich wurde nervös. Vermutlich, weil die letzten Tage stressig waren und ich heute so viele Eindrucke gesammelt hatte und dem Sturz aus dem Bett mitten in der Nacht.
Wie auch immer, ich ging schneller und blickte immer wieder ängstlich um mich. Immer, wenn ich sah, dass jemand in meine Richtung schaute – meist wahrscheinlich einfach nur, weil man irgendwo hinschauen muss und ich halt grad im Blickfeld war. Ich bog um eine Ecke und krachte fast in eine Menge Bauarbeiter, die am Straßenrand Tee tranken. Ein Block noch und ich konnte endlich mein Hotel sehen.
Ich glaube nicht, dass ich zu irgendeinem Zeitpunkt in Gefahr war, wirklich nicht. Ich war schlichtweg nervös wegen dem ganzen Stress und weil ich noch immer nichts über das Land wusste, in dem ich mich plötzlich befand.
Lustigerweise geht das Doha-Chaos auch noch weiter, während ich diesen Artikel schreibe. Ursprünglich wollte ich darüber schreiben, was ich in Doha gemacht habe und ein bisschen, wie es lief, und den Post „Was man in Doha in 26 Stunden unternehmen kann“ oder so ähnlich nennen. Doch das bin nicht ich und ehrlich gesagt gibt es mehr als genug von solchen Artikeln im Internet. Ich bin weit vom Plan abgekommen, aber das macht ja nichts.
Vielleicht kannst du das als kleine Erinnerung sehen, dass deine Gedanken zu Gefühlen werden, und was du fühlst ziehst du an. Dass ich Angst vor zu viel Aufmerksamkeit hatte und möglicherweise dadurch in eine brenzlige Situation zu geraten, nahm mir viel von meiner Freude. Es gab keine brenzlige Situation, außer die in meinem Kopf und was ich daraus machte. Anstatt ein offenes Weltbild zu behalten und zu genießen, wo ich war, stresste ich mich und machte Dinge, die völlig normal waren, wo auch immer in der Welt man ist, zu etwas Schlechtem. Es waren nur Leute, die an einem Freitagabend ein paar Getränke und gute Gesellschaft genossen und die halt den einen Backpacker in der ganzen Stadt anschauten, weil es vermutlich das exotischste und spannendste war, was sie den ganzen Tag über sahen.
Ich denke oft an das zurück, wenn ich unsicher über eine Situation bin. Ist es wirklich schlecht, oder ist das nur in meinem Kopf? Ist es wirklich schlecht, oder sorge ich mich nur, dass es schlecht sein könnte, und mache es damit schlecht?
Nun ja, Doha war viel. Viel Schönes, viele neue Erfahrungen, und viele Lektionen. Am Ende ist alles mehr als gut gegangen und ich bin so dankbar, die Möglichkeit gehabt zu haben, einen Teil der Welt zu besuchen, der mir vorher noch nie in den Sinn gekommen wäre. Wie auch mit jeder anderen Reise, habe ich einen Teil meines Herzens dort gelassen und vielleicht einen Teil des seinen mitgenommen.
Mega Celli 😍 mach weiter so 🤓
meiiii danke dir ♡ ♡ ♡