Die letzten Tage schnappte ich mir oft das iPad und wollte dir über die megacoolen ersten Tage hier in Argentinien erzählen. Irgendwie konnte ich mich aber nicht dazu aufrappeln. Jetzt weiß ich, warum – es gibt etwas, das ich zuerst machen muss.
Dieser Beitrag ist für die Menschen.
Die Menschen, mit denen du dich umgibst, sind das, was eine Erfahrung besonders machen. Das hier ist für all die neuen Freunde, die ich vielleicht nie wieder sehen werde. Die Leute, mit denen du deine Lebensgeschichte teilst, Probleme löst, tanzt oder wanderst oder isst oder wartest oder Spiele spielst.
Vor ein paar Tagen in Mendoza traf ich einen Mann in seinen 60ern am Flughafen, er fragte mich, woher ich komme. Es stellte sich heraus, dass wir im gleichen Flieger sein würden, also haben wir gemeinsam gewartet und uns über‘s Leben unterhalten. Bald kamen wir zu dem Thema, dass wir beide nicht an Zufälle glauben. Er teilte seine Lebensgeschichte mit mir, ich meine mit ihm. Er sagte, er hat viele Fehler gemacht, hat alle Gefühle ausgeschaltet, bis ein Gefühl ihn überwältigte: Panik. Erinnert dich an was?
Ein anderes mal hab ich in der Lobby gezeichnet, ohne mir was dabei zu denken, ich hab das schon oft gemacht und für gewöhnlich interessiert das niemanden. Diesmal kam der Rezeptionist zu mir rüber und wir fingen an, zu reden. Er zeichnet auch, so wie das Mädchen, das kurz darauf dazukam. Niemand von uns weiß so recht, was wir mit unseren Werken machen wollen, wollen aber doch irgendwie was damit tun, doch wir liebten die Arbeit der anderen und haben uns gegenseitig motiviert. Ich hab gezittert von Inspiration und Aufregung.
Von manchen Begegnungen hab ich dir erzählt, von anderen nicht und das werd ich vermutlich auch nicht. Nicht, weil sie nicht besonders waren, das waren sie durchaus, sondern weil ich das teilweise einfach nicht beschreiben kann. Anstatt eine tolle Erfahrung halbarschig zu beschreiben, lass ich es lieber ganz bleiben und behalte die Erinnerung in meinem Herzen und für mich selber.
Ich hab Leute getroffen, mit denen ich sofort klick gemacht hab. Andere, mit denen es eine Zeit lang gedauert hat. Mit einigen ist es nie richtig passiert, aber man hat doch eine gute Zeit miteinander verbracht. Mit vielen war die gemeinsame Zeit viel zu kurz.
Das Ding ist, wenn du jemanden triffst, mit dem du auf einer Wellenlänge bist, das ist eins der besten Gefühle. Du fühlst dich verbunden, sicher, du gibst dieser Beziehung alles, was du hast. Es ist selten, aber es passiert. Und ich genieße jeden dieser Momente. Das ist ein guter Teil von dem, wofür ich lebe.
Ich hab Leute getroffen, die ganz genau wissen, was und wo ihr Platz im Leben ist, was sie wollen, wer sie sind. Andere sind verloren – manche lieben und leben das, wie der Uruguayaner der meinte, er will lieber in Brasilien leben, und 2 Stunden später hat er gekündigt. Manche weniger. Ich persönlich bin definitiv verloren. Es gibt Momente, wo ich mich treiben lasse und mit dem Gedanken an all die Möglichkeiten aufblühe. Manchmal ist es schwieriger, und die zu treffenden Entscheidungen erdrücken mich.
Manche Menschen strahlen Glück aus. Selbstbewusstsein. Freude. Ruhe. Freiheit. Chaos. Geduld. Ich hab in so viele Augen gesehen, die nichts als pure Freundlichkeit, die von Herzen kommt, ausstrahlen. Jeder dieser Menschen lässt eine Spur von sich an mir zurück, und mittlerweile bin ich ziemlich sicher, dass es auch umgekehrt so funktioniert.
Danke, an jeden Einzelnen, den oder die ich getroffen hab und noch treffen werde, in welcher Form auch immer. Jede Person hat etwas hinterlassen – eine Erinnerung oder viele, ein Gefühl von Erdung, Glück, Freude, Sicherheit, Verbindung.
Wir alle leben unterschiedliche Leben. Haben unterschiedliche Probleme. Lieben andere Dinge. Sind unterschiedlich aufgewachsen, haben unterschiedliche Wege eingeschlagen, genießen das eine und hassen das andere. Am Ende des Tages aber brauchen wir doch alle dasselbe: Sauerstoff, Wasser, Essen und Verbindung.
Jeder Reisende ist auf der Suche nach etwas. Ich bin mir unsicher, ob ich überhaupt weiß, was ich suche. Mich selbst, schätze ich. Und Verbindung. Umso mehr Verbindung ich finde, zu Menschen, Orten, der Natur, umso mehr finde ich mich selbst.
Manchmal fühlt es sich eher wie das Gegenteil an, und ich finde mich in einer Gedankenspirale wieder, denke nach darüber was ich will, wer ich bin, warum ich hier bin. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass sich jedes Mal, wenn ich mich so fühle, etwas verändert. Ich kämpfe, weil ich wachse, und das bedeutet, dass etwas Altes gehen muss, um Platz für etwas Neues zu machen. Und das ist eine gute Sache.
Es gibt für mich kaum etwas Schöneres als diese zufälligen Gespräche mit Fremden. Zu wissen, wer jemand ist, wie sie zu der Person geworden sind, was deren Seele scheinen lässt bevor man überhaupt deren Namen kennt. Sich über Gott und die Welt zu unterhalten, über etwas, was der Person etwas bedeutet oder mir oder uns beiden. Sich verbunden zu fühlen über Kleinigkeiten wie Lieblingsorte, Essen oder die beste Sockenmarke.
Die Welt ändert sich. Wir verbringen immer mehr Zeit mit Bildschirmen, suchen Verbindung zu anderen in Dating-Apps oder Instagram. Die wirkliche, echte Erfahrung, jedoch, hat man weit weg vom Blaulicht. Geh raus, sprich zu Fremden, fang Gespräche an, und sieh, wohin es führt. Wenn dich jemand abwimmelt, macht ja nix, probier später nochmal. Du wirst sehen, wie viele schöne Menschen es gibt, und wie wichtig solche Unterhaltungen für beide sind.