Cali nach Bogotá, und dann einen Anschlussflug nach Santiago. Der erste Flug hatte eine Stunde Verspätung. Ich kann wirklich nicht empfehlen, auf 2700 m Seehöhe zu landen und direkt einen Sprint durch den gesamten Flughafen abzulegen. Die automatische Passkontrolle hat dann natürlich auch nicht funktioniert, das kostete mir sicher 5 Minuten, die ich nicht hatte. Kurz vor Boardingschluss hab ich es zum Glück zum Gate geschafft.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich Fieber hatte im Flieger. Eigentlich wollte ich in Cali eine Woche lang rasten und ein bisschen tanzen, aber es ist doch etwas ausgeartet… vermutlich liegt es daran.
Ich stieg ins Uber am Flughafen – ein nagelneuer Chevrolet, es war leise im Auto, nichts hat gestottert und geruckelt… ein Kulturschock, wie ich ihn nie erwartet hätte. Und das sollte sich noch so weiterziehen. Mein Fahrer hat extra im Auto gewartet, bis ich durch die Tür vom Hostel war, um sicherzustellen, dass ich eh richtig bin – Latinos sind so nette Leute.
Santiago ist eine tolle Stadt. Wenn man hier lebt, fehlt einem glaub ich an nichts, zu mindest als Europäer mit gutem Einkommen. Das Mindestgehalt für Chilenen von gut 500€ reicht aber grad mal so für Miete, davon zu leben ist schwierig, es gibt also viele Obdachlose und Bettler – natürlich nicht in den touristischen Vierteln, sondern erst dann, wenn man die verlässt.
Wenn man in Santiago ein Foto macht, erkennt man nicht, dass das Chile ist. Genauso gut könnte es London, Madrid, Budapest oder Wien sein. Es ist ruhig – es gibt kaum Straßenverkäufer, keine laute Musik, niemand tanzt, man unterhält sich leise.



Es gibt hier ein Museum für Erinnerung und Menschenrechte, sehr grob übersetzt. Das musste ich mir natürlich ansehen. Also bekommst du jetzt eine sehr kurz gefasste Lektion über chilenische Geschichte. Das lernt man bei uns in der Schule schließlich nicht, aber die Leute hier haben auch ganz schön krasse Dinge erlebt.
1970 war Chile gespalten, die Bewohner unterteilten sich in links und rechts, Mitte gab es kaum. Salvador Allende, ein Sozialist, wurde als Präsident gewählt. Er fokussierte sich in seiner Politik stark auf soziale Projekte und wollte schlüsselhafte Industrien verstaatlichen, was unvermeidlich zu hoher Inflation und Güterknappheit führte, und auf der rechten sowie auch der linken Seite natürlich nicht gut ankam.
Gleichzeitig entfernten sich die beiden Seiten immer weiter voneinander, die Ideologien wurden immer extremistischer. Die Rechten verursachten immer wieder Chaos in Form von Demos, Sabotage und Gewalt.
Am 11. September 1973 veranlasste das Chilenische Militär unter General Augusto Pinochet einen Staatsstreich. La Moneda, das Haus des Präsidenten in Santiago de Chile, wurde bombardiert und Allende verstarb durch den Angriff. Man wollte ihn in Sicherheit bringen, doch er war der Meinung, dass Präsident Chiles sein Volk nicht im Stich lassen darf.
Das Militär übernahm die Kontrolle und etablierte eine grausame Diktatur. Abertausende Linke, darunter Studenten, Arbeiter, Aktivisten, Frauen und Männer gleichermaßen, verschwande oder wurden zum Verhör in Konzentrationslager gebracht und dort gefoltert oder exekutiert.
17 Jahre dauerte diese schreckliche Phase. Die Chilenen stimmten gegen die Diktatur, es gab Aufstände und Demonstationen, und legten so den Pfad zu einer Demokratie. 1990 trat Patricio Aylwin als erster demokratisch gewählter Präsident sein Amt an und endete die Diktatur somit endgültig.
Na, hattest du das erwartet? Wusstest du davon? Ich hatte ja null Plan.
Wie auch immer. Ich muss mich am Riemen reissen, um Chile nicht schon hier abzustempeln. Ich vermiss einfach das Chaos von Kolumbien, die Herzlichkeit der Menschen, die Kultur im Alltag. Un die frischen, reifen Mangos um 1€ – hier kostet eine importierte Mango ja tatsächlich bis zu 3,50€… ich weiß, es erwarten mich auch hier noch unzählige coole Orte, tolle Erlebnisse und viele unglaubliche Erinnerungen, und darauf freu ich mich natürlich 🙂
Nun, mittlerweile bin ich in Valparaíso, ca. 2 Stunden westlich von Santiago und am Meer. Hier fühlte ich mich sofort wohler – es ist mehr los, chaotischer, und vor allem: jede Straßenecke ist bemalt. Genieß also die Fotocollage, nimm es als Inspiration und teilweise mit einem gewissen Maß an Humor.













Wir hören uns, das nächste Mal vermutlich aus Argentinien. Bis dahin, ¡hasta la vista!