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Auf der Suche nach dem besten Transportmittel in Kolumbien

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Gut, also Bus fahren hier ist spannend. Ich brauchte insgesamt 12 Stunden von Bogotá nach Salento. Das sind grade mal 300 km, also zu Hause wären das, was, 3 Stunden? Manche Dinge sind hier einfach anders. Wir fuhren Serpentinen rauf und runter, Berg für Berg. 

Ich glaub, ich hab mein ganzes Leben noch nie so viel grün gesehen. Die Pflanzen direkt neben der Straße kennen wir entweder als Zimmerpflanzen oder als importierte Spezialitäten – Avocados, Mangos, Bananen, was auch immer. Jede Stunde ungefähr änderten sich die Schilder für querende Tiere. Schlangen, Faultiere, Kühe. 

Um nach Salento zu kommen, musste ich nach dem „normalen“ Bus noch einen Minivan nehmen. Das war auch recht abenteuerlich. Der Fahrer machte meist nicht mal die Tür zu, vielleicht war er zu sehr mit singen beschäftigt, weil die Musik auf‘s Maximum aufgedreht war. Zu einem Zeitpunkt sind die Leute halb aus dem Bus gehängt. 

Also, Salento ist ein Teil der Kaffeeregion. Eine kleine Stadt, aber es gibt so viel zu tun und zu sehen. Jedes einzelne Haus ist bunt bemalt. Ich gehe es immer noch langsam an, erstens, weil ich sonst sofort Signale von meinem Körper erhalte, wie Panikattacken nur ohne die Angst – meistens. Und zweitens, weil das jetzt mein Leben ist. Ich bin nicht einfach mal kurz zwei Wochen auf Urlaub, ich kann nicht so viel wie möglich in den Tag reindrücken, weil dann bin ich spätestens nach einem Monat ausgebrannt. Die 1000 Gründe, warum ich das nicht will, muss ich dir hoffentlich nicht nennen. 

Ich hab so ein Glück. Heute Morgen hatte ich eine Pferdetour gebucht. Ich war die einzige Teilnehmerin, nur ich und der Guide, Jairo. Also im Prinzip hab ich eine private Tour, Reitstunde und Spanischlektion in einem erhalten, für gut 30€. Ich stieg auf mein Pferd, Trujo al Blanco, und los ging‘s. Jairo hat sofort bemerkt, dass ich nicht zum ersten Mal auf einem Pferd sitze. Sobald wir die bunten Häuser hinter uns gelassen haben und auf den Schotterwegen waren, trabten und galoppierten wir vorbei an Fincas, Kaffee- und Avocadoplantagen. Durch dicken Dschungel und eine Straßenbaustelle, über einen kleinen Bach und Stock und Stein. 

Die Pferde waren richtig motiviert, mir kam vor, als würden sie am liebsten losrennen was das Zeug hält. Das Pferd hier war ungefähr so schwer zu bremsen wie das, das ich von Zuhause gewohnt bin, zu starten. Aus der Unterhaltung mit Jairo konnte ich raushören, dass die Pferde sehr gut gepflegt werden. Er liebt seinen Job – wie könnte man auch nicht, wenn man den ganzen Tag reiten kann und damit sein täglich Brot verdient. Die Pferde waren super sicher, obwohl meins etwas stur war – wann immer ich Hilfe brauchte, war Jairo sofort da, aber ich glaub schon, dass er mich auch ausgetestet hat und mich selbst herausfinden ließ, was zu tun ist. 

Das Absteigen war dann vermutlich noch peinlicher als die Kaugummi- (der sich übrigens als Minzzuckerl zeigte) oder Salsa-Situation in den letzen Tagen. Ich dachte, alles sei gut, aber nach 2 Stunden in einem quasi ungepolsterten Sattel und dem ganzen herumgewürfelt-werden – versteh mich nicht falsch, es war nicht übel, das Pferd war super zum Sitzen, ich bin‘s halt einfach nicht gwohnt – gaben meine Beine und mein Hintern nach. Ich verlor fast mein Gleichgewicht und versuchte, mich so cool wie möglich um die Ecke zu schleichen, ohne dass jemand bemerkt, wie komisch ich grad gehe – was sicher nicht so funktioniert hat. Aber weißt du was? Die Jungs, die grad aufgestiegen sind – auf andere Pferde, übrigens, mein‘s hatte jetzt Pause – werden in 2 Stunden auch wissen, wie es mir grad ging. Und wer lacht dann, hm? 

Jetzt grad sitz ich im Hostel, neben einigen anderen Leuten die offensichtlich ernstere Arbeit machen als ihre lieben Freunde und Familie auf dem Stand zu halten. Der Regen kommt grad über die grünen Berge in meine Richtung, Nebel steigt zwischen den Schichten von unterschiedlichen Hügeln auf. Es ist so ruhig, ich höre fast nichts außer wenn zwischendurch mal jemand vorbeigeht, den Wind und leises Donnern in der Ferne. Was für ein Leben. 

Ich hab die Jungs getroffen, die nach mir auf der Pferdetour waren. Rat mal! Sie haben nicht bemerkt, dass ich komisch gehe. Sie waren sogar ziemlich begeistert, dass mein Guide und ich durch die Straßen galloppiert sind. 

Ich frühstückte grad am Tag danach, als meine norwegischen Freunde vom Salsakurs in Bogotá um die Ecke kamen. Eigentlich wollte ich heute wandern im Cocora-Tal, sie wollten das mit Pferden machen. Ich entschließ mich, sie zu begleiten. 

Mein heutiges Pferd war Pacho. Viel langsamer, aber noch viel süßer als das andere. Ich kuschelte mit ihm und er schien mich dafür zu lieben. Der Weg war ziemlich steil und teilweise richtig uneben, die Pferde rutschten recht oft. Anfangs dachte ich, ich würde Pacho seinen eigenen Weg finden lassen, aber er nahm definitiv nicht immer den Einfachsten. Also begann ich, ihn etwas mehr zu lenken. Ich konnte spüren, als ein Schalter umlegte und er sich entschloss, mir zu vertrauen. Wir waren so ein tolles Team. 

Naja, man geht nicht nur ins Cocora-Tal um zu reiten. Mein Spanisch ist mittlerweile gut genug für richtige Unterhaltungen (ja, ich bin seeeeeehr stolz auch mich), also zog ich dem Guide, Alejo, so viel Info wie möglich aus der Nase. Diese Palmen gibt es nur hier in Kolumbien, sie sind bis zu 70 m hoch, 130-170 Jahre alt, und vom Aussterben bedroht. Der Tourismus macht es möglich, dass sie Baby-Palmen pflanzen und pflegen. 

Die Pferde machen den 1.5-stündigen Trek bis zu 4 mal am Tag. Alejo dagegen hat es einmal sogar 9 mal gemacht, und das zu Fuß. Er liebt seinen Job ebenso. Die Pferde arbeiten eine Woche lang und bekommen dann eine Woche Urlaub, dürfen frei auf den grünen Hügeln rumdüsen. 

Die Aussicht? Wow. Ich hab keine Worte. Sieh selbst. Die Fotos sind nicht annähernd so gut wie live. Stell dir diese Aussicht in Realität vor, und dann mach noch als einziges Geräusch das der Hufen der Pferde dazu, manchmal noch ein paar Vögel. Magisch. 

Als wir auf den Jeep zurück warteten, kam eine Kolumbianische Großfamilie auf uns zu. Sie wollten wissen, woher wir kommen, also zeigten wir es ihnen auf der Karte. Sie gaben uns eine lokale Nascherei und wollten ein Foto mit uns machen. Ich schätze, wir sind jetzt berühmt?

Weiß ich jetzt, was das beste Transportmittel in Kolumbien ist? Busse funktionieren aber der Verkehr und die fehlende Geschwindigkeit treiben mich in den Wahnsinn. Gehen kann ich schon, ich mag es auch, aber etwas fehlt. Jeeps? Scheiß lange Schlangen. Taxis? Auf die Dauer zu teuer. Pferde? Nicht das gemütlichste (RIP an meinen Hintern für die nächsten Tage), nicht das günstigste, aber definitiv das entspannteste und süßeste Transportmittel.

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